Die Konjunktur im Kreis Gütersloh nimmt wieder Fahrt auf. Zu diesem Ergebnis kommt die Herbstkonjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) für den Kreis Gütersloh, die heute (5. Oktober) beim Pressegespräch vorgestellt wurde. „Nachdem Corona für eineinhalb Jahre das konjunkturelle Lagebild dominiert hat, können wir nun eine deutliche Erholung feststellen, besonders getragen durch die Industrie“, erklärte IHK-Vizepräsident Dr. Markus Miele. Viel positiver als im Frühjahr werde die aktuelle Geschäftslage auch im Handel gesehen, und im Dienstleistungssektor habe sich die aktuelle Geschäftslage ebenfalls entspannt.
Die Befragung fand von Anfang August bis Mitte September statt. Daran beteiligten sich im Kreis Gütersloh insgesamt 407 Unternehmen mit 33.246 Beschäftigten aus den Bereichen Industrie, Handel und Dienstleistung. Der IHK-Konjunkturklimaindex für die gesamte Wirtschaft im Kreis ist vom Frühjahr zum Herbst von 132 auf 147 Punkte angestiegen, wobei die 100er-Linie für eine ausgeglichene Stimmung steht, wenn sich Optimisten und Pessimisten im Saldo die Waage halten.
In der Industrie haben sich sowohl die Einschätzungen zur momentanen Geschäftslage als auch zu den Erwartungen für die kommenden zwölf Monate gegenüber dem Frühjahr verbessert. „Natürlich ist die Lage nicht überall wieder so gut wie vor dem Corona-Ausbruch. Aber das Stimmungsbild, das die Einschätzungen zur Geschäftslage zeichnen, ist nach dem tiefen Tal, in dem sich auch die Industrie im vorigen Jahr befunden hat, wieder sehr erfreulich“, konstatierte Miele. Nicht nur die Investitionen hätten wieder angezogen, sondern auch die allgemeine Produktionsauslastung habe sich deutlich verbessert: 41 Prozent der Betriebe geben an, dass ihre Produktionskapazität zu über 95 Prozent ausgelastet sei (Frühjahr: 19 Prozent), nur fünf Prozent seien zu unter 80 Prozent ausgelastet (Frühjahr: 28 Prozent). „Die Auftragsbücher vieler Unternehmen sind also gut gefüllt“, betonte der IHK-Vizepräsident.
Eine erfreuliche Entspannung zeige sich auch bei der Beschäftigung. Während im Vorjahr doch ein größerer Beschäftigungsabbau zu befürchten gewesen sei, überwiege mittlerweile wieder deutlich der Anteil der Industriebetriebe, die ihre Beschäftigung ausweiten wollen. „Das sind grundsätzlich gute Nachrichten für den Arbeitsmarkt, wenn das gesuchte Personal denn zu finden ist“, äußerte sich Miele besorgt. Denn eines der größten Probleme für die wirtschaftliche Entwicklung der Industrie sei der Fachkräftemangel. Die größten Risiken seien aber die Lieferengpässe, die das Wachstum ausbremsen, und die Rohstoffpreise. 89 Prozent der Betriebe bezeichnen die Rohstoffpreise als Risiko für ihre weitere wirtschaftliche Entwicklung. „Das ist ein Wert, den wir noch nie auch nur ansatzweise bei einem der seit 2011 abgefragten Risiken erlebt haben“, erklärte der IHK-Vizepräsident. „Unverändert mehr als jedes zweite Unternehmen sieht aber auch in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen Risiken für die weitere Entwicklung. Um es ganz deutlich zu sagen, eine solide wirtschaftliche Basis ist der beste Schutz vor Krisen. Je wettbewerbsfähiger die Wirtschaft ist, desto resilienter ist sie auch in schwierigen Situationen.“ Miele nannte exemplarisch die Themen Gewerbe- und Indus-trieflächen, Energiewende, Steuern und Digitalisierung, in denen die neue Bundesregierung ihre Hausaufgaben machen müsse, um die Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschland insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht zu erhalten.
Zum Handel führte Miele aus, dass er gegenwärtig ebenfalls optimistisch sei. So beurteilten immerhin 48 Prozent ihre aktuelle Geschäftslage mit gut, unzufrieden seien hingegen nur 8 Prozent. Diese positive Stimmung sei sowohl im Einzelhandel als auch im Großhandel gleichermaßen zu verzeichnen, wobei der Großhandel, der zu Teilen stärker an der Industriekonjunktur hängt, etwas positiver gestimmt sei. „Corona ist noch nicht vorbei, deshalb ist der Einzelhandel verständlicherweise noch etwas zurückhaltend“, erklärte der IHK-Vizepräsident. Die Beschäftigungspläne im Handel seien auch eher zurückhaltend, zu tief und einschneidend seien die letzten eineinhalb Jahre gewesen. 15 Prozent der Unternehmen wollen eher Personal einstellen, aber auch 10 Prozent Beschäftigung abbauen.
Im Dienstleistungssektor hat sich die wirtschaftliche Situation ebenfalls entspannt: 37 Prozent der Dienstleister bezeichnen ihre Geschäftslage als gut, 16 Prozent als schlecht. Auch die Erwartungen an die kommenden zwölf Monate seien leicht positiv: 22 Prozent rechneten mit einer Verbesserung ihrer Geschäftslage, aber auch 18 Prozent mit einer Verschlechterung. Innerhalb der Branche sei die Spanne zwischen Reise- und Gastgewerbe und beispielsweise den IT-Dienstleistern sehr groß. „Große Beschäftigungsimpulse sind unterm Strich im Dienstleistungsbereich in den kommenden Monaten nicht zu erwarten, industrienahe Dienstleister mal ausgenommen“, fasste Miele zusammen.
Laut IHK-Geschäftsführer Dr. Christoph von der Heiden seien die Gesamtumsätze der Industrie im Kreis Gütersloh von Januar bis Ende Juli im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,7 Prozent auf 11,3 Milliarden Euro gestiegen. Dabei hätten sowohl der Inlandsumsatz (um 0,3 Prozent) als auch der Auslandsumsatz (um 5,9 Prozent) zugenommen. Als einziger Kreis in Ostwestfalen konnte Gütersloh auch bei der Beschäftigung leicht zulegen, und zwar um 0,7 Prozent auf 63.048 Frauen und Männer (Ostwestfalen: -0,2 Prozent).