Kreisarchiv Gütersloh: Neue Publikation zur Familienforschung

Gütersloh. Familienforschung hilft uns zu verstehen, wer wir sind und wo wir herkommen. Aus diesem Grund hat das Kreisarchiv Gütersloh dieses Jahr seine neue Schriftenreihe zur Familien- und Höfegeschichte gestartet. Nach der Veröffentlichung des ersten Bandes erscheint nun bereits das zweite Buch in der Schriftenreihe: ‚Das Leibeigenthumbsbuch der Herrschaft Rheda von 1651/58‘ von Jochen Ossenbrink.

Es führt die Leserinnen und Leser zurück in das 17. Jahrhundert, genauer in die Herrschaft Rheda mit seinen Kirchspielen Clarholz, Herzebrock, Rheda, St. Vit und Wiedenbrück. Mauritz Graf zu Bentheim-Tecklenburg hat 1651/58 in einem ‚Leibeigenthumbsbuch‘ die ihm eigenbehörigen Leute auf 103 Höfen und Kotten in den genannten Kirchspielen aufschreiben lassen. Die bäuerlichen und kleinbäuerlichen Besitzer sind darin mit ihren Geschwistern und ihren Kindern sowie den noch lebenden Vorbesitzern namentlich erfasst worden.

Angaben zur Herkunft der Ehepartner und zum Verbleib der Söhne und Töchter ergeben familiäre Verbindungen zu 180 anderen Höfen und Kotten. Das Leibeigenthumbsbuch bietet so für die letzten Jahrzehnte des Dreißigjährigen Krieges und das erste Jahrzehnt danach einen einzigartigen Einblick in die ländlich-bäuerlichen Familienverhältnisse. Diese Erfassung ist die erste ihrer Art für die Rhedaer Eigenbehörigen und steht damit am Anfang vieler Familiengeschichten in der Herrschaft Rheda und im Wiedenbrücker Land, die sich mit den gleichzeitig beginnenden Kirchenbüchern fortschreiben lassen.

Doch was verbirgt sich hinter den ungewöhnlichen Begriffen Eigenbehörige beziehungsweise Leibeigene? Leibeigentum oder Eigenbehörigkeit bezeichnen das Rechtsverhältnis zwischen dem Grundherrn (Eigentümer) und dem Bewirtschafter (Besitzer) der grundherrlichen Ländereien. Während die Grund- und Gutsherren ihre Güter gegen Abgaben und Dienste zur Nutzung überließen, waren ihre Bauern und Kötter von ihnen abhängig und ihnen gegenüber abgabe- und dienstpflichtig. Sie durften als erblich nutzungsberechtigte Untereigentümer aber erwarten, dass jeweils eines ihrer Kinder das elterliche Erbe antreten und sie selbst im Alter hier die ‚Leibzucht‘ – vergleichbar mit dem Unterhalt auf Lebenszeit – genießen konnten.

Übersetzt und erläutert hat das Verzeichnis Jochen Ossenbrink, korrespondierendes Mitglied der Historischen Kommission für Westfalen und Autor zahlreicher Aufsätze zur Familien-, Höfe-, Landes-, Rechts-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte in der ehemaligen Herrschaft Rheda sowie zu den Klöstern Clarholz und Herzebrock. Dank seiner Arbeit konnte diese für Laien nur sehr schwer lesbare Quelle für alle zugänglich gemacht werden. Für diejenigen, die die Quellenedition als Einstieg oder zur Vertiefung ihrer familiengeschichtlichen Forschungen nutzen wollen, ist das Namensregister am Ende eine unverzichtbare Hilfe.

Details zum Buch:

Jochen Ossenbrink (Hg.): Das Leibeigenthumbsbuch der Herrschaft Rheda von 1651/58. Konskription der Eigenbehörigen der Vogtei Rheda, Norderstedt 2022 (=Quellen und Forschungen zur Familien- und Höfegeschichte aus dem Kreis Gütersloh 2, hg. vom Kreisarchiv Gütersloh). XLII + 162 S. 8 Abb.

Gebundene Ausgabe: ISBN 978-3-7562-9470-1, 19,80 €

E-Book: ISBN 978-3-7568-6475-1, 5,49 €

Cover des Buches ‚Das Leibeigenthumbsbuch der Herrschaft Rheda von 1651/58‘

Portrait des Autors Jochen Ossenbrink. Foto: privat