1. Kinderschutzkonferenz im Kreis Gütersloh: Kinderschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung

Gütersloh. Die erste Kinderschutzkonferenz im Kreis Gütersloh ist auf eine sehr große Resonanz gestoßen: 150 Teilnehmende tauschten sich am 15. November in der Stadthalle Gütersloh aus, mehr als 400 Interessenten hatte es im Vorfeld gegeben. Daher wurde die Veranstaltung hybrid organisiert, alle ohne Ticket konnten die Kinderschutzkonferenz im Live-Stream verfolgen. Veranstaltet wurde sie vom kreisweiten ‚Netzwerk Kinderschutz‘ der vier Jugendämter im Kreis Gütersloh (Kreis Gütersloh, Stadt Gütersloh, Stadt Rheda-Wiedenbrück, Stadt Verl). Ziel der Veranstaltung ist es, gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Justiz, Schule, freier und öffentlicher Jugendhilfe, Gesundheit sowie Polizei gesetzlich vorgeschriebene Aufgaben gemeinsam anzugehen und ein Netzwerk aufzubauen. Das 2022 in Kraft getretene Landeskinderschutzgesetz NRW verpflichtet die Akteure, solche Netzwerke zu gründen. Dazu bildete die Kinderschutzkonferenz jetzt den Auftakt. Mit den neuen einheitlichen Standards erhofft sich die Landesregierung, dass Kindeswohlgefährdungen besser erkannt und abgewendet werden können. „Natürlich sind die Akteure, die heute hier versammelt sind, besonders gefordert. Aber das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, betont Kreisdirektorin Susanne Koch.

Mit dem ‚Gesetz zum Schutz des Kindeswohls und zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen‘ (Landeskinderschutzgesetz NRW) hat Nordrhein-Westfalen im Jahr 2022 zentrale politische und fachliche Forderungen formuliert. Diese gehen aus der Aufarbeitung der Fälle sexualisierter Gewalt, insbesondere in jüngerer Vergangenheit (Lügde, Münster, Bergisch Gladbach) hervor. Das Gesetz formuliert konkrete Maßnahmen, die die Qualität des Kinderschutzes stärken und die strukturellen Rahmenbedingungen verbessern sollen. So verpflichtet Paragraf 9 die Jugendämter, kommunale Netzwerke Kinderschutz einzurichten. Die sollen es ermöglichen, bei einer Kindeswohlgefährdung effektiv und schnell zusammen zu arbeiten. Hierzu gehören insbesondere die strukturelle Vernetzung der mit einer möglichen Kindeswohlgefährdung befassten Stellen. Die Akteure sollen sich zudem absprechen, wie bei einer möglichen Kindeswohlgefährdung die Kommunikation läuft und wer wann was macht. Jeder soll im Fall der Fälle wissen, wie er zu handeln hat und wer zu informieren ist. Zudem sollen interdisziplinäre Qualifizierungsangebote im Kinderschutz angeboten werden.

Die vier dem Kreisgebiet angehörigen Jugendämter Kreis und Stadt Gütersloh, Rheda-Wiedenbrück und Verl haben sich zusammengeschlossen, um die im Gesetz beschriebenen Aufgaben kreisweit anzugehen und die jeweiligen lokalen Netzwerke einzubinden. Jedes Jugendamt hat hierfür eine Ansprechpartnerin als Netzwerk- und Koordinierungsstelle, die den Prozess im Aufbau verlässlicher Strukturen und die Weiterentwicklung im Kinderschutz unterstützt.

Eine Steuerungsgruppe aus Mitarbeitenden der Justiz, aus Schule, von der freien und öffentliche Jugendhilfe, aus dem Gesundheitswesen und von der Polizei startete im Frühjahr mit der Arbeit. Ihr erstes Ziel: Eine Auftaktveranstaltung für alle Netzwerkteilnehmenden. Das Ergebnis: Die Kinderschutzkonferenz in der Stadthalle Gütersloh. Auf der Konferenz sollen unter anderem in interdisziplinären Workshops die Bedarfe ermittelt werden, die noch verbessert werden können. So soll das Thema Kinderschutz als gesamtgesellschaftliche Verantwortung angenommen werden und eine höhere Transparenz in den Abläufen bei (akuten) Kindeswohlgefährdungsmeldungen erreicht werden. Auch soll besonders die interdisziplinäre Zusammenarbeit gefördert und gestärkt werden.

Zum Thema: Kinderschutz

Netzwerke zum Kinderschutz gibt es nicht erst seit der Verabschiedung des Landeskinderschutzgesetzes. 2013 begann der Kreis Gütersloh damit, Netzwerke ‘Frühe Hilfen‘ zu etablieren. Ziel war es damals, deutlich früher Signale einer möglichen Kindeswohlgefährdung aufzufangen, präventiv breit zu arbeiten. Es ging dabei auch um Themen wie Vernachlässigung etc. Das war eine Folge des 2012 in Kraft getretenen Bundeskinderschutzgesetzes mit dem § 3 KKG (Information und Kooperation im Kinderschutz). Die Netzwerke ‚Frühe Hilfen‘ sind etabliert. Das Landeskinderschutzgesetz hat im Gegensatz dazu zentrale politische und fachliche Forderungen aus der Aufarbeitung der Fälle sexualisierter Gewalt wie etwa in Lügde, Münster oder Bergisch Gladbach aufgegriffen. Es formuliert konkrete Maßnahmen, die die Qualität des Kinderschutzes stärken und die strukturellen Rahmenbedingungen verbessern sollen. Das neue Netzwerk zielt auf den intervenierenden Bereich. Es folgt einem engen Verständnis von Kinderschutz, der sich auf die Abwendung von Gefahren für Kinder und Jugendliche bezieht.

Die Organisatoren und Verantwortlichen kurz vor der Eröffnung der ersten Kinderschutzkonferenz in der Stadthalle Gütersloh (v.l.): Berit Rürup (Netzwerkkoordinatorin Stadt Verl), Michaela Hartmann (Netzwerkkoordinatorin Stadt Gütersloh), Lisa Hoffmeister (Netzwerkkoordinatorin Stadt Rheda-Wiedenbrück), Andreas Reinhold (Fachbereichsleiter Jugend und Familie Stadt Gütersloh), Ilona Overath (Abteilungsleiterin Jugend Kreis Gütersloh), Kreisdirektorin Susanne Koch und Ines Szepanski (Netzwerkkoordinatorin Kreis Gütersloh). Berit Rürup hielt den Eröffnungsvortrag ‚Kinderschutz ohne Grenzen‘.    Foto: Kreis Gütersloh