Zweite Kinderschutzkonferenz im Kreis Gütersloh: Interdisziplinärer Austausch für den Schutz von Kindern und Jugendlichen

Gütersloh. Aus der Praxis für die Praxis‘ hieß es heute im Sinne einer verbesserten Qualität im Kinderschutz. In der Stadthalle Gütersloh fand die zweite Kinderschutzkonferenz im Kreis Gütersloh statt, die von einer großen Resonanz begleitet wurde. Rund 380 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus verschiedenen Handlungsfeldern, darunter Polizei, Justiz, Schule, Kinder- und Jugendhilfe sowie Gesundheitswesen, nahmen an der Konferenz teil. Im Mittelpunkt der halbtägigen Konferenz stand in diesem Jahr der ‚Datenschutz im Kinderschutz‘. Den Hauptvortrag auf der Konferenz hielt Hannah Binder, sie ist Referentin für Jugendhilfe und Familienrecht mit dem Schwerpunkt Kinderschutz und Datenschutz vom Deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht.

Die I. Kinderschutzkonferenz 2023 war ein wichtiger Schritt zur Umsetzung des neuen Landeskinderschutzgesetzes NRW – gültig seit dem 1. Mai 2022. Mit der Gesetzesnovelle erhofft sich die Landesregierung, dass Kindeswohlgefährdungen besser erkannt und abgewendet werden können. In der Stadthalle wurden in interdisziplinären Workshops Fallbeispiele analysiert, um sowohl förderliche Faktoren als auch Herausforderungen in der Kooperation zu identifizieren. Ziel war es, ein gemeinsames Verständnis für den Kinderschutz zu fördern und die Transparenz in den Abläufen zu erhöhen. Dazu sagte Ilona Overath, Leiterin der Abteilung Jugend, in ihrer Begrüßungsrede: „Kinderschutz kann nur gelingen, wenn er als gemeinsame Aufgabe aller beteiligten Handlungsfelder im Sinne einer Verantwortungsgemeinschaft verstanden und wahrgenommen wird.“

Das Thema ‚Datenschutz im Kinderschutz‘ ergab sich aus der ersten Kinderschutzkonferenz im vergangenen Jahr. Die Referentin Hannah Binder von der Deutschen Gesellschaft für Jugendhilfe und Familienrecht (DiJuF) sprach über die datenschutzrechtlichen Unsicherheiten, die Fachkräfte im Umgang mit Kindeswohlgefährdungen häufig empfinden. Hierbei wurden die wesentlichen Aspekte des Datenschutzes im Kinderschutz herausgestellt, insbesondere die Notwendigkeit, Vertrauen aufzubauen und sensibel mit Daten umzugehen. In der Praxis würden sich, so die Auswertung der Kinderschutzkonferenz aus dem vergangenen Jahr, viele Unsicherheiten ergeben beim Thema Kindeswohlgefährdung und Datenschutz. Beide Bereiche haben vielfältigste Berührungspunkte. Zum einen wirke ein verlässlicher Datenschutz, dass Betroffene Hilfsangebote eher wahrnehmen, wenn der Umgang respektvoll ist und man die jeweilige Familiengeschichte in sicheren Händen bezüglich des Datenschutzes weiß. Werden deshalb Hilfsangebote eher angenommen, dient das auch letztlich dem Kindesschutz. Auf der anderen Seite müssen bei der Einschätzung, ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegt, mitunter auch Quellen außerhalb der Familie kontaktiert werden, Dritte in den praktischen Kinderschutz beteiligt werden – auch gegen den Willen der Erziehungsberechtigten. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, welche datenschutzrechtlichen Vorschriften die Fachkräfte des Jugendamts im Falle einer tatsächlichen oder vermuteten Kindeswohlgefährdung zu beachten haben.

Das Landeskinderschutzgesetz NRW verpflichtet die Jugendämter, kommunale Netzwerke zum Kinderschutz zu etablieren. Diese Netzwerke sollen eine effektive und schnelle Zusammenarbeit bei möglichen Gefährdungen des Kindeswohls gewährleisten. Die vier dem Kreisgebiet angehörigen Jugendämter Kreis und Stadt Gütersloh, Rheda-Wiedenbrück und Verl haben sich zusammengeschlossen, um die im Gesetz beschriebenen Aufgaben kreisweit anzugehen und die jeweiligen lokalen Netzwerke einzubinden. Jedes Jugendamt hat hierfür eine Ansprechpartnerin als Netzwerk- und Koordinierungsstelle, die den Prozess im Aufbau verlässlicher Strukturen und die Weiterentwicklung im Kinderschutz unterstützt.

Sechs Schulungsmodule – wiederkehrend
Die im Vorjahr aus den Workshops erarbeiteten Bedarfe werden in einer Fortbildungsreihe des kreisweiten Netzwerks Kinderschutz aufgegriffen. Sie sollen den interdisziplinären Austausch zwischen den Berufsgruppen stärken. Die Fortbildungsreihe umfasst sechs Module, die in den kommenden Jahren regelmäßig angeboten werden, darunter Themen wie ‚Kinderschutz und Gesundheit‘, ‚Kinderschutz und Schule‘ sowie ‚Kinderschutz und Polizei‘.

Die diesjährige Konferenz förderte nicht nur die Entwicklung verlässlicher Strukturen im Kinderschutz. Sie bot auch einen Raum für Austausch und Vernetzung unter den Akteuren. Dies wurde bei der Konferenz im Vorjahr sehr gewünscht. Der ‚Markt der Möglichkeiten‘, der Teil der Zusammenkunft war, ermöglicht es den Teilnehmenden, Angebote und Ressourcen vor Ort besser kennenzulernen und direkt miteinander in Kontakt zu treten. Der Austausch unter Praktikern wird so gefördert.

Die nächste Fortbildung zum Thema ‚Kinderschutz und Gesundheit‘ findet im März 2025 statt. Die Steuerungsgruppe des kreisweiten Netzwerks Kinderschutz wird auch weiterhin an der Weiterentwicklung und Vernetzung aller Beteiligten arbeiten, um eine effektive Zusammenarbeit zum Schutz von Kindern und Jugendlichen zu gewährleisten.

Die Organisatoren und Verantwortlichen bei der zweiten Kinderschutzkonferenz in der Stadthalle Gütersloh (v.l.): Karina Düllo (ASD-Leitung), Beate Scigala-Blatt (Fachbereichsleitung Jugend, Bildung und Sport, Rheda-Wiedenbrück), Berit Rürup (Koordinatorin Netzwerk Kinderschutz und Sachgebietsleitung Soziale Dienste, Verl), Patrick Bullermann (Fachbereichsleitung Jugend, Verl), Michaela Hartmann (Koordinatorin Netzwerk Kinderschutz, Gütersloh), Ines Szepanski (Koordinatorin Netzwerk Kinderschutz, Kreis Gütersloh), Yvonne Masjosthusmann (Koordinatorin Netzwerk Kinderschutz, Verl), Andreas Reinhold (Leitung Fachbereich Jugend und Familie, Gütersloh),  Ilona Overath (Leiterin Abteilung Jugend, Kreis Gütersloh) und Lena Harms (Koordinatorin Netzwerk Kinderschutz, Gütersloh).

Foto: Kreis Gütersloh